Seit Anfang April 2018 ist die neue Powerline 2000 Generation der Firma myStrom auf dem Markt verfügbar, die vorallem durch ihre WLAN Energy Control Switchs bekannt sein dürfte. Ich selber besitze einige dieser Switchs (1. Generation) und bin sehr zufrieden mit dem Produkt.
Für die Erweiterung meines LANs in meiner Mehrfamilienwohnung in den Keller, suchte ich nach einer möglichst performanten Alternative zur regulären Verkabelung via Netzwerkkabel da dies seitens Vermieter nicht erlaubt ist und WLAN aufgrund der Distanz über 2 Geschosse kein stabiles Ergebnis liefert. Das Powerline 2000 Connection Kit kommt mir da gerade recht da myStrom auch eine Geschwindigkeit bis 2000 Mbit/s verspricht.
Bei Powerline, oft auch bekannt als Power-LAN oder dLAN, handelt es sich um eine Technik um Daten über das Stromnetz zu übertragen – parallel zum Strom.
Da eine Stromverkabelung, im Gegensatz zu Netzwerkverkabelung, praktisch in jedem Haushalt vorhanden ist, stellt es neben dem drahtlosen WLAN eine einfach und kostengünstige Möglichkeit dar eine Vernetzung von mehreren Computer zu realisieren. Weitere Informationen bei Wikipedia
Lieferumfang des myStrom Powerline 2000
In der Verpackung findet sich alles was man braucht um sofort loszulegen: Zwei Power-LAN Adapter, 2 Netzwerkkabel (je ca 3.5 Meter in Slim Ausführung) sowie 2 Faltblätter mit Anleitung in 4 Sprachen für die Einrichtung.
Neben dem Kit mit zwei Adaptern (ca 130 CHF) kann man einen Adapter (ca 70 CHF) ebenfalls einzeln kaufen, u.a. bei Brack als auch direkt bei myStrom.
Powerline Adapter von myStrom
Die 2’000 Generation ist nicht nur schneller, sondern auch grösser geworden: Während die Vorgeneration mit 500 Mbit/s im kompakten Gehäuse analog den WLAN Energy Control Switchs daherkommt, sind die neuen Adapter in allen Dimensionen gewachsen.
Grössenvergleich Powerline 2000 Adapter und WLAN Energy Switch
Ein toller Vorteil der WLAN Energy Control Switchs ist dass man aufgrund ihrer Bauform bis zu 3 Stück in eine Schweizer 3-fach Steckdose stecken kann.
Mit den Powerline 2000 Adaptern ist dies nicht mehr möglich, die ganze Wanddose wird blockiert da der Stromstecker um 180 Grad verdreht verbaut wurde – das sollte man bei der Planung berücksichtigen. Immerhin wird ein Stromanschluss durchgeschlauft.
3-fach Steckdose und Powerline Adapter
Die Installation gestaltet sich denkbar einfach: Der erste Adapter wird neben dem bestehenden Router / Switch eingesteckt und mit einem Netzwerkkabel verbunden. Er stellt die Schnittstelle zwischen dem regulären LAN und dem Power-LAN her.
Der zweite Adapter wird in der Nähe des Clients (Computer, Drucker, Game-Konsole, etc) eingesteckt und ebenfalls per Netzwerkkabel verbunden.
Wichtig: Die Adapter nicht an einer Mehrfachsteckdose oder an ein Verlängerungskabel einstecken da sonst das Signal massiv leidet und u.U. gar keine Verbindung aufgebaut wird.
Ob die Adapter eine Verbindung zueinander aufbauen, wird durch eine LED direkt an den Adaptern angezeigt. Leuchtet diese weiss, ist alles in Ordnung; leuchtet oder blinkt sie Rot, besteht keine Verbindung.
Per Taste an der Seite der Adapter kann man das sogenannte Pairing neu aufbauen d.h. die Verbindung zwischen den 2 Adaptern neu einrichten. Dazu werden beide Adapter temporär im selben Raum installiert (an unterschiedlichen Steckdosen) und nacheinander die Pairing Taste an der Seite für 2 Sekunden gedrückt (LED blinkt weiss). Wurde das Pairing erfolgreich etabliert, leuchten die LED bei beiden Adaptern dauerhaft weiss. Der ganze Vorgang ist im beiliegenden Faltblatt Schritt für Schritt erklärt.
Viel mehr gibt es nicht zu installieren oder zu konfigurieren – man muss sich weder mit Treiber noch mit irgendwelchen Konfigurationen rumschlagen.
MyStrom Switch in 3-fach Steckdosen
Man muss kein Rechengenie sein damit man merkt dass an den versprochenen 2’000 Mbit/s etwas nicht stimmen kann, da myStrom in die Adapter nur einen LAN Anschluss mit maximal 1’000 Mbit/s verbaut, also faktisch maximal 50% der versprochenen Geschwindigkeit möglich ist.
Dabei ist myStrom in guter Gesellschaft mit der etablierten Konkurrenz die seit je her dieselbe Marketing-Strategie fährt: Schon bei den früherigen Powerline Generationen mit 200, 500 und 600 Mbit/s wurde in die Power-LAN Adaptern meistens nur ein Fast Ethernet (10/100 Mbit/s) Anschluss verbaut. Dies hat sich bei der 1’200 und 2’000er Generation nicht geändert: Auf dem Papier ist der LAN Anschluss mit 1’000 Mbit/s der Engpass.
Manch einer kennt diese Situation auch bei WLAN Produkten wo oft mit kumulierten Geschwindigkeiten geworben wird, aber ein Endgerät effektiv nur ein Bruchteil davon nutzen kann.
Links: myStrom Powerline 2000 / Rechts: myStrom Switch
Für die Messungen habe ich das Tool iPerf in der Version 3.1.3 verwendet, es ist für diverse Plattformen verfügbar. Es misst die Bandbreite zwischen 2 Clients in einem definierten Zeitfenster. In den Tests werden zwei Windows 10 Clients in der jeweils aktuellsten gepatchten Version (Stand 29.04.) verwendet. Ich habe jeweils 3 Durchgänge mit je 10 Messungen durchgeführt und den Mittelwert daraus genommen um etwaige Abweichungen abzufangen.
Als Szenario wird meine 5.5 Zimmer Wohnung Baujahr 2014 verwendet, diese sollte im Elektrobereich einen guten und modernen Stand abdecken und die Messungen nicht durch eine veraltete Verkabelung ausbremsen.
| Situation | Messungen TCP [Mbit/s] | |
| 128K Puffer | 1024K Puffer | |
| LAN zu LAN (ohne Power-LAN Adapter) | 943 | |
| Büro zu Wohnzimmer | 245 | 390 |
| Büro zu Büro (separate Dose) | 242 | 450 |
| Büro zu Zimmer 1 | 162 | 160 |
| Büro zu Zimmer 2 | 145 | 144 |
| Büro zu Zimmer 3 | 161 | 158 |
| Wohnzimmer zu Zimmer 1 | 195 | 230 |
| Wohnzimmer zu Zimmer 2 | 182 | 224 |
| Wohnzimmer zu Zimmer 3 | 195 | 232 |
| Keller zu Büro | 94 | 121 |
| Keller zu Wohnzimmer | 108 | 132 |
Die Daten ergeben ein tatsächliches Bild der Wohnung: Während das Wohnzimmer zentral liegt und in alle Zimmer 182 – 232 Mbit/s ermittelt werden, sind die Werte bei Messungen ab Büro deutlich niedriger da es in einer Eckposition der Wohung liegt.
Auch zeigt es sich dass praktisch jeder Zentimeter Distanz, die die Daten im Stromkabel zurücklegen müssen, auf die effektive Geschwindigkeit niederschlägt.
Eine spezielle Position ist die Messung von der Wohnung aus dem 1. Obergeschoss in den Keller im 1. Untergeschoss: Hier lieferen die moderne Powerline Adapter bei “schwierigen Situationen” gegenüber den Vorgenerationen oft noch brauchbare Leistung ab; trotz der verhältnismässig grossen Distanz sind noch zufriedenstellende 94 – 132 Mbit/s messbar.
Und damit erklärt sich auch warum in den meisten Fällen ein LAN Anschluss mit niedriger Geschwindigkeit verbaut wird: Es wird schlicht nicht mehr benötigt. Denn die Hersteller wissen genau dass ihre angepriesene Geschwindigkeit in der Praxis nie erreicht wird. Das ist auch bei dem Produkt von myStrom nicht anders.
Als ich dieses Power-LAN Kit für mich bestellt habe, wusste ich bereits im Vorfeld dass ich die versprochene Leistung von 2’000 Mbit/s nicht bekommen werden kann, da dies bei Produkten der Konkurrenz immer wieder in Vergleichstest durch Fachzeitschriften wiederlegt wurde. Meist wurde bei der 1200er und 2000er Generation maximal 300 – 400 Mbit/s ermittelt – und so ist es auch bei den myStron Adaptern. Allerdings bieten nicht alle den praktischen durchgeschleifen Stromanschluss – das ist aus meiner Sicht obligatorisch wenn der Adapter eine ganze 3er Wanddose belegt.
Darum kann ich abschliessend sagen dass das myStrom Powerline 2000 Connection Kit für meine Situation eine gute Lösung ist. Ich erwähne das “in meiner Situation” extra da Interessenten einer ähnlichen Lösung beachten sollte dass in anderer Konstellation sich das Blatt rasch wenden kann: Es reicht bereits einen weiteren elektronisches Verbraucher in das heimische Stromnetz aufzunehmen das ungewollt Störungen verursacht und die Bandbreite des Power-LAN einbrechen lässt – leider kann man das nicht vorab erkennen.
Auch fies: In einem Mehrfamilienhaus kann es ja nach Elektroinstallation sogar reichen wenn ein Nachbarn ein störanfälliges Gerät in Betrieb nimmt und damit die Bandbreite des eigenen Power-LANs in den Keller geht! Dann kann man bei sich lange nach der Ursache suchen.
Drum empfehle ich immer, wenn irgendwie möglich, auf eine richtige Netzwerkverkabelung mit Kupferkabel zu setzen. Das kostet zwar schnell mehr also ein paar Power-LAN Adapter, aber die Geschwindigkeit ist besser und die Störanfälligkeit praktisch Null.
Geht es aber nicht anders, ist das getestete myStrom Powerline 2000 Connection Kit eine gute Lösung, die auch problemlos mit der langjährigen Konkurrenz mithalten kann.
Bruno Grutsch arbeitet als ITler bei der 3-Plan Haustechnik AG in Winterthur, interessiert sich für alles Neue in der IT Welt und liebt Marvel-Filme. Als Ausgleich pflanzt er Gemüse auf seinem Balkon an oder ist bei schönem Wetter mit dem Velo unterwegs.
