Das folgende Review wurde von Michael Herb verfasst, er hat mir angeboten einen Artikel über die OUYA zu schreiben, da er die Android-Spielkonsole wohl als einer der ersten Schweizer in Empfang nehmen durfte. Viel Spass mit seinem Bericht:
Im August 2012 konnte die Plattform Kickstarter mit dem Gaming-Projekt OUYA die zweithöchste je erzielte Summe feiern. Über 8.5 Millionen US-Dollar an zugesagten Entwicklungsgeldern bejubelten die OUYA-Gründer – neunmal so viel, wie ursprünglich angepeilt.
Die Kickstarter-Erfolgsgeschichte sorgte nicht nur für ein gigantisches Medienecho, sie weckte gleichzeitig enorme Erwartungen. Ob die kleine Konsole diesen Erwartungen gerecht werden kann, das wird die Zeit zeigen.
Die ersten Schritte machte die OUYA mit der Veröffentlichung der Developer-Edition, die im Winter ausgeliefert wurden. Die grosse Masse der Vorbesteller und Kickstarter-Backer wurde schliesslich im Frühling beliefert, bevor die OUYA in diesem Sommer offiziell in den Handel kommt.
Wichtigste technische Daten
- HDMI-Anschluss mit 1080p Ausgabe
- Hauptprozessor Nvidia Tegra 3 Quad-Core 1.7GHz
- 8GB interner Flashspeicher
- WiFi 802.11bgn
- Bluetooth LE 4.0
- Android 4.1
- Wireless Controller mit 2.4Ghz RF
- Zwei analoge Sticks, Touchpad, acht Buttons, Systembutton
- Standard-Kreuzschrauben am Gehäuse
Verarbeitung und erster Eindruck
Der Lieferumfang fällt in der Standard-Ausführung einfach aus: Die OUYA-Konsole, ein Controller, dazu das Netzkabel und Batterien. Die erste Aufgabe ist herauszufinden, wie man die Batterien in den Controller einsetzen kann. Das Abnehmen der beiden Griffabdeckungen ist nämlich nirgends beschrieben. Und zerbrechen will man es ja nicht gleich.
Schliesslich kann die Konsole an Strom, Netzwerk (optional auch WLAN), und HDMI angeschlossen werden. Dabei erweist sich der optisch schicke Würfel als etwas unpraktisch, denn durch die kleine Standfläche droht die OUYA durch den Zug der Kabel umzukippen.
Beide, Konsole und Controller, sind solide verarbeitet. Trotzdem reicht die Wertigkeit nicht an die etablierte Konkurrenz wie PS3 oder XBOX heran. Der Controller ist ergonomisch gestaltet, und ähnelt in der Belegung stark den XBOX-Controllern. Der Druckpunkt der Buttons wirkt etwas hakelig, dafür funktionieren die analogen Sticks und das Touchpad sehr gut.
OUYA Controller
Aufsetzen & Spielen
Beim ersten Start aktualisierte die OUYA gleich mal das Betriebssystem, was im Vergleich zu den Systemupdates bei PS3 & Co relativ zügig über die Bühne ging. Ein einfaches Menu führt den Benutzer durch die Möglichkeiten. Nebst diversen Systemeinstellungen, wo man beispielsweise den Speicherplatz im Auge behalten kann, sind das der Zugang zu Entwicklungstools, sowie zum Gamearchiv und seinen bereits installierten Spielen.
Entdecken lassen sich die Games über Empfehlungen des OUYA-Teams, Favoriten der User, oder schlicht über ein Verzeichnis nach Genres. Ein kurzer Abriss verrät den Entwickler des Spiels, den Schwierigkeitsgrad, die Dateigrösse, und wie das jeweilige Game bei den Usern ankommt. Das Ranking erfolgt über ein „Gefällt mir“-System ähnlich demjenigen von Facebook.
Die OUYA kommt komplett ohne Dateiträger aus. Die jeweiligen Spiele lädt man sich einfach auf seine Konsole, was auf Grund der relativ überschaubaren Datenmengen (bewegen sich zwischen 20-350MB) vergleichsweise schnell über die Bühne geht. Der integrierte Flashspeicher der OUYA zahlt sich vor allem beim Starten der Games aus. Die meisten Games sind in wenigen Sekunden spielbereit, was zum kleinen Spass zwischendurch einlädt.
Unschön wirkt sich eine vorhandene Latenz zwischen der Eingabe am Controller und der Konsole aus. Speziell bei Games wie beispielsweise Pinball, wo eine hohe Präzision gefordert ist, führt das zu frustrierenden Erlebnissen. Daran müssen die OUYA-Macher unbedingt arbeiten, falls es zu einer zweiten Auflage kommt. Etwas Abhilfe schaffen kann da die Möglichkeit an der OUYA auch PS3 und XBOX Controller einsetzen zu können. Dies muss von den Entwicklern einer App allerdings explizit unterstützt werden.
OUYA Screenshot
Grafik und Performance
Die OUYA bezieht die gesamte Leistung über die letzte Version des Nvidia Tegra 3 Chips. Dieses Ein-Chip-System ist mit 1.7GHz getaktet, der GPU-Takt beträgt 520MHz. Unter Berücksichtigung der Hardware darf man daher keine unfairen Vergleiche anstellen. Wer auf der OUYA das nächste Crysis oder FIFA erwartet, der wird nicht fündig werden.
Trotzdem muss sich die neue Konsole in Sachen Grafikleistung keineswegs verstecken. Games wie Flashout 3D, Puddle THD, oder das erst eben angekündigte ChronoBlade demonstrieren, was mit der OUYA optisch alles möglich ist.
OUYA Anschlüsse
Die Games
Dass aber schicke Grafik noch nichts bedeutet, ist nicht neu. Und eigentlich liegt genau da der Reiz der meisten OUYA-Games. Der Grossteil der Entwicklungen setzt auf die Karte des unkomplizierten, schnellen Spielspasses.
Zum Zeitpunkt, als ich diesen Bericht verfasst habe, zählte das OUYA-Archiv rund 130 freigegebene Games. Es dominieren kleine, unterhaltsame Spiele mit Arcade-Charakter. So erinnert zum Beispiel Bombsquad etwas an das frühere Bomberman, Ice Rage lässt die klassischen Eishockey-Tische neu aufleben, oder Beast Boxing Turbo, dass sich an Arcade-Boxer richtet. Die Philosophie beim OUYA-Store lautet Free-to-Play. Grundsätzlich bieten alle Games einen kostenlosen Modus. Wenn man alle vorzüge des Spiels haben möchte, kann man nach dem Bezahlverfahren die ganze App kaufen. Die moderaten Preise, die sich im Rahmen weniger US-Dollar bewegen, sind absolut fair.
OUYA Controller und PS3 Controller
Fazit
Die OUYA-Macher haben mit ihrem Baby ein solides Produkt auf die Beine gestellt. Zwar kommt die Android-Konsole (verständlicherweise) nicht an die etablierten Marktführer heran, hat aber das Potential eine interessante Nische zu besetzen. Durch die offene Plattform werden die Entwicklungen weiter zunehmen, die Vielfalt und die Qualität der Spiele ebenso. Wenn das Oekosystem an Fahrt gewinnt, und parallel dazu die Hardware weiterentwickelt wird, dann könnte sich die OUYA im Laufe der Zeit durchaus einen Platz im Wohnzimmer sichern.