Balkonkraftwerk in der Schweiz: Das musst du wissen!
Balkonkraftwerk, Balkon-Solaranlage oder «Mini-PV» werden die kleinen Photovoltaik-Anlagen genannt, welche ohne grösseren Hürden selbst installiert werden dürfen. Die Nachfrage nach solchen PV-Anlagen wurde die letzten Jahre durch Pandemie, Ukraine-Krieg und dem auch damit verbundenen Anstieg der Energiepreise immer grösser. Was es für Optionen gibt, was die Rechtslage sagt und ob das auch etwas für Besitzer von grossen PV-Anlagen ist, klärt dieser Beitrag.
Warum überhaupt ein Balkonkraftwerk installieren?
Balkonkraftwerke sind sogenannte Plug-&-Play-Solaranlagen und haben bis 600W Leistung. Dieses lassen selbst mit wenig Aufwand installieren und selber anschliessen. Entsprechend braucht es keinen grossen Papierkram und generiert Mehrkosten, welche bei einer grösseren Anlage entstehen. Auch den Elektriker kann man sich entsprechend sparen und so amortisiert sich die Anlage dank geringer Grundkosten schneller. Aber nicht nur das, da die maximal 600W welche der Wechselrichter produzieren darf im Grossteil auch selber verbraucht werden, spart man durch Eigenverbrauch noch «schneller» als bei reinem Einspeisen – bei den aktuell hohen Strompreisen sowieso.
Balkonkraftwerk mit zwei Modulen (c)Hoymiles
Balkonkraftwerk in der Schweiz – was ist erlaubt?
Mit einer kleinen, steckerfertigen PV-Anlage bis 600 Watt Leistung darf man bewilligungsfrei selber Strom produzieren. Mittlerweile gibt es zahlreiche Anbieten von solchen Komplettpaketen im Markt, welche sich samt einfacher Halterung direkt am Balkon oder auch an einer Fasse anbringen lassen. Dies ist auch für Mieter geeignet, weil sich die Module so schnell sie montiert waren, auch wieder demontieren lassen. Sobald montiert, kann die Anlage mit dem mitgelieferten Stromkabel und Stecker an eine Steckdose anschliessen. Entsprechend braucht es keinen Elektriker. Da bis 600W Produktion, das meiste im Eigenverbrauch genutzt wird, profitiert man von Einsparungen im Strombezug tagsüber. Überschuss wird ins öffentliche Netz gespiesen, für eine Vergütung dieser Rückliefermenge muss man sich beim lokalen Netzbetreiber melden.
Einfaches Balkonkraftwerk mit 2 Modulen (@zfescht)
Braucht es eine Bewilligung?
In der Regel ist für die Errichtung von Balkonkraftwerken keine Genehmigung erforderlich, jedoch besteht eine Verpflichtung zur Anmeldung der Anlage beim örtlichen Elektrizitätswerk. Ausnahmefälle bezüglich Bewilligung sind Kernzonen und geschützte Objekte wie Kultur- und Baudenkmälern. Es ist ausserdem ratsam, die Hausbesitzer im Voraus zu informieren, um mögliche Bedenken zu adressieren. Die Solarmodule werden einfach an eine Außensteckdose angeschlossen, wodurch der erzeugte Strom über einen Wechselrichter ins Haus geleitet und dort genutzt werden kann.
Muss mein Netzbetreiber die eingespiesene Energie vergüten?
Auch wenn bei maximal 600W Produktionsleistung wohl wenig Energie über den Tag hinweg eingespiesen wird, muss die Einspeisung gemäss Gesetz vergütet werden. Das in Art. 15 des Energiegesetz und Art. 11 und 12 in der Energieverordnung verankert, dass die eingespeiste elektrische Energie abgenommen und vergütet werden muss. Wenn sich der Netzbetreiber weigert, meldet man sich am besten bei der Elcom.
Farbige Module helfen für schöne Optik – autosolar.ch
Sind mehrere Balkonkraftwerke erlaubt?
Die Installation eines Balkonkraftwerks ist auf 600W pro Zähler limitiert. Das heisst in einem Einfamilienhaus, dürfte ein Balkonkraftwerk installiert werden. Handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus, mit beispielsweise 4 Wohnungen, dürfte pro Haushalt ein Wechselrichter mit 600W eingesetzt werden. Sprich jede Partei könnte den eigenen Balkon mit PV-Modulen zur Minimierung der Stromkosten installieren.
Muss ich ein Balkonkraftwerk am Balkon montieren?
Nein keinesfalls, «Balkonkraftwerk» ist eigentlich nur ein Synonym für steckerfertige PV-Anlagen bis 600W geworden. Das heisst, der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Ich persönlich finde besonders PV-Module auf dem Gartenhäuschen oder dem Kinderspielturm enorm gelungen, ein passendes Beispiel von Moritz habe ich hier mal angefügt.
PV-Anlage auf dem Spielhaus der Kids
Was muss die Plug & Play PV Anlage an Normen erfüllen?
Damit die PV-Anlage als Plug&Play gilt und damit einfach von jedermann per Stecker angeschlossen werden darf – ohne Elektriker – bedarf es gewissen Anforderungen an das Produkt. Die einzelnen Komponenten einer Plug&Play-PV-Anlage müssen eine Einheit bilden mit einem Netzstecker, der an eine Haushaltsteckdose angeschlossen werden kann:
Die Plug&Play-PV-Anlage muss als Ganzes eine Konformitätserklärung mit der Aufzählung aller relevanten Normen nach Art. 8 der Verordnung über elektrische Niederspannungserzeugnisse (NEV; SR 734.26) besitzen. Der Eigentümer muss diese Konformitätserklärung für die Anmeldung dem Verteilnetzbetreiber zustellen und im Falle einer Kontrolle vorlegen können (siehe ESTI- Mitteilung). Ausserdem muss das Produkt mit einer Schutzvorrichtung ausgestattet sein und der Besitzer muss dies bei einer Kontrolle belegen können.
Hier gilt von mir der Tipp, sich an einen der empfohlenen Händler im Schlussabschnitt, wie go.neuerbar, autosolar oder Brack.ch zu wenden.
Balkonsolar-Anlagen mit Lieferung durch E-Transporter in der Schweiz
Wie viele Module kann ich als Balkonkraftwerk betreiben?
Die Limitierung von 600W bezieht sich auf die Produktionsleistung des Wechselrichters. Das heisst, diesem können auch mehr Modulleistung vorgeschalten werden als 600W. Natürlich nur unter der Bedingung, dass die DC-Input-Werte des Wechselrichters noch eingehalten werden. Am üblichsten sind 2 Module mit rund 400W Peakleistung, die möglichst ideal die 600W ausnutzen. Natürlich können mit passendem Wechselrichter auch 3-4 Module vorgeschalten werden und allenfalls durch unterschiedliche Himmelsrichtungen den Ertrag über den Tag hinweg optimieren, trotz Abrieglung auf 600W.
So bewirb EcoFlow ihren Powerstream Wechselrichter (c)EcoFlow
Wo sehe ich den Ertrag meines Balkonkraftwerks?
Einige Microwechselrichter haben eine Kommunikationseinheit und lassen den Ertrag auf einer App visualisieren. Die etwas universellere Variante und meine absolute Empfehlung ist der Smart Plug von myStrom, der auch als PV-Produktionsmessung in der myStrom App konfiguriert werden kann. Den Plug gibt es auch für die deutsche Schuko Steckdose, neu sogar mit passender Silikon-Schutzhülle (IP44 zertifiziert) für den Aussenbereich, genial einfach Lösung. In der myStrom lassen sich dann auch mit Regeln andere Smart Plugs nach produzierter Energie schalten – simple Eigenverbrauchsoptimierung quasi.
myStrom Plug als praktische Messung für Balkonkraftwerke
Aus meiner Sicht macht eine Balkon-PV mit Speicher aus zwei Gründen wenig Sinn. Einerseits sind die Kosten für die Zwischenspeicherungslösung zu hoch und die Effizienz des Gesamtsystems sinkt durch die Speicherung stark. Gerade bei 600W Produktionsleistung wird nicht viel Überschuss gespeichert durch Grundverbrauch. Hinzu kommt dass nach Sonnenuntergang der gespeicherte Strom zwar entladen und genutzt werden kann, diese bei einem normalen Verbrauchsmuster (Kochen, Waschen, Computer, TV, etc) innert kürzester Zeit wieder leer ist.
Balkonsolar für Besitzer von PV-Anlagen sinnvoll?
Gerade für Besitzer von grossen PV-Anlagen ist ein Balkonkraftwerk spannender als man auf den ersten Blick denken könnte. Die allermeisten PV-Anlagen sind auf Dächern montiert, mit zwei Modulen an einem Balkon oder Fassade, hätte man eine vertikale Produktionsanlage und gerade wenn noch eine Südseite vom Haus dafür Platz bietet eine ideale Ergänzung. In den Wintermonaten mit tiefstehender Sonne bietet sich das gerade zu an und wenn mal Schnee auf dem Dach liegt, produziert das Balkonkraftwerk munter weiter. Die 600W pro Zähler gelten aber auch hier.
Wenn ich nur an Phase L1 einspeise, was passiert am Zähler?
Die EW-Zähler arbeiten saldierend, das heisst vereinfacht gesagt, dass es dem Stromzähler egal ist, ob die PV-Anlage einphasig oder dreiphasig betrieben wird. Produziert ein Balkonkraftwerk an Phase L1 gerade 600W und auf allen drei Phasen wird je 50W verbraucht, «sieht» der Zähler eine Einspeisung von 450W (600W – 3x50W). Entsprechend kann auch ein Verbraucher auf einer anderen Phase als L1 vom erzeugten Strom direkt profitieren.
Balkonsolar – schönes Beispiel in der Schweiz
Preise & Anbieter
Anbieter von Balkonkraftwerken gibt es mittlerweile zahlreiche. Empfehlungen abgeben kann ich für go.erneuerbar, für autosolar und auch für die Sets beim Grosshändler Brack.ch. Ein komplettes System mit zwei Solarmodulen, einem Wechselrichter und Kabeln kostet im Durchschnitt zwischen 600 und 1800 Franken.
Im März 2010 habe ich Technikblog ins Leben gerufen. Seither blogge ich über technische Themen die mich faszinieren und im Alltag begleiten. Das sind Themen wie Gadgets, Smart Home, Elektroautos, Erneuerbare Energien und vieles mehr...
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