10. Dezember 2023
6 Minuten zu lesen

Langstrecke mit dem Elektroauto: Ein Erfahrungsbericht mit Familie

Ja, das wird noch ein Langstrecken-Fahrbericht mit einem Elektroauto. So lange mich vor meinen Ferien, nach den Ferien und sogar während den Ferien noch Leute fragen, wie man mit dem Elektroauto und Familie nach Italien reisen kann, braucht es solche Erfahrungsberichte. Wir waren im Herbst für 2 Wochen in Italien, die komplette vierköpfige Familie, mit Veloträger, Dachbox und unserem Volkswagen ID.4.

Strecke

Die Strecke führt uns aus den Norden der Schweiz über Mailan, Parma bis nach Livorno zum Hafen von dort dann mit der Fähre nach Elba. Total sind es rund 700km und wenn man den bekannten E-Routenplaner abetterrouteplanner.com anwirft, so werden einem mit dem ID. 4 genau 3 Ladestopps empfohlen. Das ist eine vernünftige Routenplanung, mit gemütlicher Reise und total 1h 12min an Ladepausen.

Strecke mit Ladestopps von ABRP
Strecke mit Ladestopps von ABRP

Intelligente Routenplanung mit Ladestopps in VW ID. Modellen

Mit dem Softwareupdate 3.0 spielte Volkswagen auf ihre ID-Modelle im Over-The-Air Verfahren neue Funktionen aus. Sprich das Fahrzeug erhielt neue Funktionen durch verbesserte Software. Ein elementarer Teil und vielleicht der wichtigste Punkt im damaligen Update-Paket dürfte der neue Routenplaner gewesen sein. Die Online-Routenberechnung im Navigationssystem erstellt für lange Strecken eine clevere Multistopp-Routenplanung, mit der das Auto möglichst schnell ans Ziel kommt. Auch das Navi von Volkswagen empfiehlt drei Stopps, da wir sowieso noch mit Dachbox und Veloträger unterwegs sind, dürften 3 Stopps auch nach bisherigen Erfahrungen der richtige Weg sein.

Routenplanung direkt im VW Navi mit Ladestopps
Routenplanung direkt im VW Navi mit Ladestopps

Hinreise mit 3 Ladestopps

Genau wie geplant, haben wir die Hinreise auch mit 3 Ladestopps durchgezogen. Aus Erfahrung von bisherigen Reisen auf der gleichen oder ähnlichen Strecken, wusste ich auch, dass dies aufgehen würde. Gerade mit der Dachbox und dem Veloträger auf der Anhängerkupplung nimmt der Verbrauch noch etwas zu. Zudem war ich in Italien nicht sehr effizient unterwegs, durch die höhere Geschwindigkeit auf der Autobahn im Vergleich zur Schweiz. So ergaben sich folgende Ladestopps:

  • Gofast (Coldrerio Nord-Sud) mit 55kWh und 50min – Genutzt für gemütliches Frühstück
  • Ewiva (Ramiola PR) mit 43kWh und 30min – kurze Kaffee- und Pinkelpause
  • Ionity (Pietrasanta) mit 38kWh und 50min – Mittagessen mit Kollegen (zufällig angetroffen)

Auf der Hinreise mussten wir entsprechend 136kWh laden. Die Ladezeiten waren eher durch unsere Pausen oder anstehen bei den Toiletten bestimmt, als durch den Ladestand des Fahrzeugs.

Alpitronic Hypercharger sind in Italien beliebt und das zu recht.
Alpitronic Hypercharger sind in Italien beliebt und das zu recht.

Laden auf der Insel Elba

Im letzten Jahr hatte ich bei unserem Vermieter noch mit einem NRGkick Ladeadapter geladen, mittlerweile hat dieser aber nachgerüstet. So konnten wir bequem bei der Unterkunft das Auto jeweils laden. Diesmal hatte ich zwar zur Not noch einen Juice Booster 3 Air dabei, der blieb aber unangetastet im Kofferraum. Auf der Insel selbst hat es immer mehr öffentliche Ladepunkte, gerade der Anbieter «Be Charger» scheint hier deutlich auszubauen. Also rein vom Angebot und den Möglichkeiten her, muss man keine «Ladeangst» haben. Gerade die Wallbox direkt am Parkplatz der Unterkunft war auch ideal für die Heimreise, so konnte diese bequem mit vollem Akku angetreten werden.

Übrigens, falls ihr für unterwegs noch ein geeignetes Typ 2 Ladekabel sucht, hier habe ich einige Tipps zusammen gestellt.

Rückreise mit 3 Ladestopps

Auch auf der Rückreise gab es natürlich wieder 3 Ladestopps. Der erste bei Ionity war bei der Hinreise auch der letzte Stopp, der liegt gerade richtig wie sich herausstellt. Der zweite Stopp bei «Free to X» dann mit dem «Laderekord» mit dem ID. 4 und knappen 170 kW Ladeleistung. Der 1st Generation ID. 4 hat durch Updates hier nochmals deutlich an Leistung zulegen können, sehr schön. Der späte Ladestopp abends in Bellinzona liessen wir gemütlich angehen. So überliess ich die Ionity Ladepunkte mit mehr Ladeleistung anderen und wir luden gemütlich bei den etwas limitierteren Gofast Ladepunkten nebenen und traten danach die letzte Strecke nach Hause an.

  • Ionity (Pietrasanta) mit 42kWh (40min) – genutzt für Mittagessen
  • Free to X (Stazione di Ricarica) mit 51 kWh (30min) – kurze Kaffee- und Pinkelpause
  • Gofast (Bellinzona Sud) mit 45 kWh (52min) – spätes Abendessen

Auf der Rückreise habe ich 138 kWh geladen.

Höchste Ladeleistung bei Free to X, auch Alpitronic
Höchste Ladeleistung bei Free to X, auch Alpitronic

Ladekurve verbessert dank Updates

Im letzten Jahr auf derselben Strecke konnte ich über 130kW DC-Ladeleistung erreichen. Das war ein Topwert zu der Zeit, die theoretische Maximalladeleistung lag bei 125kW. Dieses Jahr mit neuem Softwarestand auf dem VW ID. 4 konnte ich diese Werte deutlich übertreffen, der höchste Wert von 168kW zeigt, das Volkswagen hier an ein paar Schrauben gedreht hat. Ich habe die Ladekurven auch mal übereinander gelegt, das sieht doch schon um einiges besser aus. Auf die gesamte Ladezeit macht es aber nur wenige Minuten aus.

Ladekurve VW ID4 nach Update
Ladekurve VW ID4 nach Update

Verbrauch

Auf dem Hinweg hatten wir in der Schweiz einen Durchschnittsverbrauch von rund 23kWh/100km, in Italien dann knapp unter 27kWh/100km wegen den deutlich höheren Geschwindigkeiten. Auf der Rückreise dasselbe Bild, in Italien mit 28kWh/100km und in der Schweiz mit 24kWh/100km unterwegs gewesen. Die gesamte Reise hatte ich einen durchschnittlichen Verbrauch von 26.3 kWh/100km. Der Verbrauch ist absolut im erwarteten Rahmen mit den zusätzlichen Beladung.

Ladestation mit Move freigeben
Ladestation mit Move freigeben

Ladekosten & Abrechnung

Als Ladekarte und App nutze ich immer das Angebot von Move. Wie schon in einem anderen Beitrag erklärt, mache ich keine grosse Aufklärarbeit vor einem Ladevorgang, womit ich möglichst günstig lade. Ich bin auf der Ferienreise und will möglichst bequem und einfach Laden. Hier habe ich die Kosten mal zusammengetragen, ausser bei Free to X und Ewiva könnte ich überall mit Move authentifizieren:

  • Gofast (Coldrerio Nord-Sud): 55kWh für 40.- CHF
  • Ewiva (Ramiola PR): 43kWh für 35.- € (VW WeCharge)
  • Ionity (Pietrasanta): 39kWh für 28.- CH

Hinreise Total ca. 103.- CHF und damit ca. 75Rp./kWh

  • Ionity (Pietrasanta): 42kWh für 31.- CHF
  • Free to X (Stazione di Ricarica): 51 kWh für 41.- € (VW WeCharge)
  • Gofast (Bellinzona Sud): 45 kWh für 34.- CHF

Rückreise Total ca. 106.- CHF und damit ca. 77Rp./kWh

Die reinen Reisekosten bezüglich Laden haben sich gegenüber letztem Jahr um 7.- CHF erhöht, das ist absolut okay. Mir ist auch klar, dass ich die gesamten Ladekosten von Total 209.- CHF wohl auch auf etwa 150-160.- CHF reduzieren könnte, wenn man gezielt andere Ladepunkte ansteuern und auf ideale Kombination des Ladeanbieters achtet.

Langstrecke mit Familie und Elektroauto funktioniert
Langstrecke mit Familie und Elektroauto funktioniert

Fazit

Hat man einmal eine Langstrecke mit dem Elektroauto hinter sich, sind die weiteren völlig normal. Wir haben uns in keinem Moment durch die Ladepausen eingeschränkt gefüllt. Die Biopausen der Passagiere, Verpflegung und auch kurzes Vertreten der Beine haben immer mehr Zeit in Anspruch genommen als der reine Ladevorgang selbst. In zwei Fällen habe ich sogar den Ladepunkt frei gemacht, weil die paar restlichen Prozent mit tiefer Ladeleistung für uns nicht relevant waren. Erfreulich zu sehen ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur in Italien, es gibt nur noch vereinzelte Raststationen ohne entsprechende Ladepunkte. Man scheint für den elektrischen Ferienverkehr gewappnet zu sein, anstehen und warten mussten wir nie.

13 Comments

  1. Karin Schelbert

    Gute Bekannte von uns gingen im Herbst nach Schottland und mieteten dort einfn Polestar. Auch ein bisschen selber zu erleben wie es ist/wäre später mal auf E-Auzos umzusteigen. Der Regen und Überschwemmung en haben Ihnen dann die Freude and den Ferien genommen. Unerwartete “detours” haben dann die Ladestops zur Zitterpartie werden lassen. Im Gegensatz zu euch waren sie zehn Tage immer unterwegs und nicht stationär wie ihr in Italien. Ihre Reise war sicher ereignisreich. Ich weiss, ich kann das nicht vergleichen. Danke für drinen Beitrag.
    Liebe Grüsse aus der Zentralschweiz
    Karin

    • Slawo

      Den ersten Jahr von Benziner auf EV ist lernreich. Besonders bei starken Temperaturunterschieden Winter Sommer. Erste 3 Monate habe ich gezietert wann ich in Akku weniger als 100km hatte. Jetzt 50 Tausen km und 2 Jahre später habe ich kein Problem nach Hause mit Familie in Winter mit 20 km und in Sommer mit 2km anzukommen. Wir zittern oft aus selbst generierten Angst.

  2. Jan

    Danke für den Beitrag. Ich bin als Benziner-Fahrer immer neugierig, wie es sein könnte.
    Wenn ich am Ende überschlage, habt ihr etwa 20 CHF pro 100km gezahlt. Das Entspräche damit also gut 10L pro 100km, womit sich Elektro und Benzin nicht unterscheiden und Diesel günstiger wäre.

  3. Werni

    Danke an dieser Stelle für die immer sehr interessanten Beiträge, wie auch dieser wieder.

    Ich kann EnBW als Ladekarte sehr empfehlen.
    Das kommt dann einiges günstiger, auch ohne Abo.
    Ausser bei Ionity (leicht höher) europaweit denselben Preis / kWh von momentan EUR 0.65 mit teilweise Blockiergebühr (aber meines Wissens nach erst ab so 240 Minuten).

    Als ich dieses Jahr mit dem Elektroauto nach Prag fuhr, habe ich einfach ein Abo bei EnBW gelöst und konnte so noch einen tieferen Tarif verwenden.
    Danach einfach wieder per App Abo gekündigt.

    Liebe Grüsse aus Liechtenstein
    Werni

  4. Michael

    Ihr konntet in Coldrerio 55 kWh laden? Auf dem Weg ans Mittelmeer mussten die Kids in Bellinzona zum ersten Mal raus und wir hatten noch 70% 🙂

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