02. März 2022
8 Minuten zu lesen

Privates Carsharing im Vergleich: Vermieten über 2em oder Gomore?

Ich vermiete mein Fahrzeug seit fast drei Jahren an andere Leute. Zuerst über Sharoo, danach über 2em und jetzt auch zusätzlich über Gomore. Wer hat welche Stärken und Schwächen? Was schaut am Ende dabei heraus und welchen Aufwand hat man als Vermieter oder Vermieterin? Hier mein Vergleich:

Registrierung als Vermieter.

Die Registrierung bei den beiden Plattformen ist mühsam.

Wer denkt, dass das in zehn Minuten erledigt sei, irrt sich. Da braucht es Ausweiskopien, Versicherungsnachweis, Fahrzeugausweis und Fotos, man muss Text schreiben und sich Gedanken über den Preis machen, Kontoinformationen eingeben und bei 2em sogar eine Rechnung des Elektrizitätswerks hochladen. Seltsam ist auch, dass man als Anbieter das gleiche Formular ausfüllen muss wie Mietinteressierte. Warum muss ich meinen Führerschein hochladen, wenn ich ein Auto vermieten will?

Und wann geht es los?

Sobald alles von einem Menschen geprüft und freigeschaltet wurde (also am nächsten Arbeitstag) kann es losgehen. Dein Auto erscheint auf der Website und wartet auf Kundschaft. Es kann sehr schnell gehen oder auch ein paar Wochen dauern, bis die erste Mietanfrage eintrifft. Von was hängt das ab? Agglomerationslagen laufen besser als auf dem Land, der Preis spielt eine wichtige Rolle und ob das Auto attraktiv ist. Ich habe letztens mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass ein Auto mit Anhängerkupplung (AHK) wesentlich mehr Umsatz erzielt als eines ohne. Auch Transporter, Cabrios und andere spezielle Autos erzielen höhere Umsätze pro Vermietung, werden aber seltener gebucht.  Dann ist da noch die Erreichbarkeit mit dem öV, die Verfügbarkeit und last but not least die Bewertungen von den Mietenden.

Tesla auf Gomore vermieten
Tesla auf Gomore vermieten

Hast Du 0815 oder etwas Spezielles? 

Nehmen wir an: Dein Auto ist nullachtfünfzehn (Verbrenner, Kleinwagen oder Mittelklasse) und steht in oder in der Nähe einer Stadt auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz. Mit beiden Plattformen kannst Du Dein Auto jederzeit problemlos vermieten. Vorausgesetzt Du bist zu Hause, frei und hast Zeit und Lust, die Mietenden persönlich zu begrüssen. 

Wenn Dir das zu viel ist, hast Du folgende Möglichkeiten:

Nehmen wir nun an, Du hast entweder ein elektrisches Auto, ein spezielles Auto und/oder Dein Fahrzeug steht in einer Garage oder einem anderen, nicht öffentlich zugänglichen Ort. Dann musst Du Dein Auto immer bewegen, damit Dein Auto gemietet werden kann. Bei Elektroautos und speziellen Fahrzeugen willst Du Dich überzeugen, dass die Kundschaft versteht, wie was funktioniert. Und wenn Dein Fahrzeug in einer Garage steht, muss es entweder rausgefahren oder die Mietenden müssen reingelassen werden. Das kann ganz nett sein und man lernt Leute kennen, das kann aber auch mal nicht so passen, Sonntags morgen um sieben aufzustehen, die gleichen Fragen immer und immer wieder zu beantworten und bei der Rückgabe ebenfalls anwesend zu sein. 

Bei der Vermietung eines Elektroautos macht es Sinn, das Keyless-Feature von GoMore zu aktivieren. Das hat den Vorteil, dass Mietende selbst das Auto übernehmen und zurückgeben können (und den Batterie- und Kilometerstand online sehen können), ohne dass man etwas einbauen muss. Trotzdem soll das Feature nach einer Testphase dann CHF 25 pro Monat kosten. Damit kann man den Aufwand etwas minimieren, man muss das Auto nur noch zugänglich machen, sofern die Mietenden sich mit Elektro auskennen.  

Tesla auf 2EM vermieten
Tesla auf 2EM vermieten

Strom, der ungeklärte Treibstoff. 

Dass beim Mietpreis nicht ersichtlich ist, ob der Strom inklusive ist oder nicht, ist eine Krux.

Wer einen Verbrenner vermietet kann davon ausgehen, dass die Kundschaft weiss, wie es geht. Wer einen vollen Tank übernimmt, gibt einen vollen Tank ab oder bezahlt extra.
Ganz so einfach ist es bei den Elektrischen nicht. Als Vermieter sollte man eine Ladekarte ins Auto legen, die möglichst überall funktioniert (bei Teslas ein nice-to-have). Aber selbst ich als erfahrener Elektroautofahrer mit fünf Ladekarten stehe einmal im Jahr ratlos vor einer Ladestation und weiss nicht, warum es jetzt nicht geht. 
Da der heimische Strom von der Wallbox billiger ist als der von öffentlichen Ladestationen, ermuntere ich meine Kundschaft dazu, mir das Auto möglichst leer zurückzubringen. Die Kosten für meinen Strom schlage ich auf den Kilometerpreis, 5 Rappen pro Kilometer. Die Kosten vom Supercharger verrechne ich 1:1. 
Dass beim Mietpreis nicht ersichtlich ist, ob der Strom für die ersten 450 km (Tesla Long-Range) inklusive ist oder nicht, ist eine Krux. Das führt zu einer Verzerrung der Wahrnehmung und wird von beiden Plattformen nicht kommuniziert bzw. es ist nicht möglich, dies in der Übersicht aufzuzeigen, nur im Fliesstext auf der Detailseite. 

Tesla am Supercharger at Night (Bild von Dario Wittwer)
Tesla am Supercharger at Night (Bild von Dario Wittwer)

Ärger mit den Mietenden?

Der Kontakt zu den Mietenden war zu 98% bereichernd und positiv, das Auto kam nie verdreckt, vermüllt oder heimlich beschädigt zurück. Nie. 

Hatte ich bis letzten Herbst nie, also 50 Vermietungen ohne Ärger. Im Gegenteil: Es gab Mieter, die brachten mir aus dem Bündnerland Käse mit, aus dem Wallis ein Glas Honig und aus dem Oberland Bauernspeck. Als Dankeschön dafür, dass sie mein Auto mieten durften. Schäden? Ja, gab es zwei Mal, aber das hat die Versicherung klaglos erledigt. Bussen? Viele. Die habe ich jeweils den betroffenen Personen als Foto elektronisch gesendet und bekam sofort den Betrag per Twint. Ich habe dann die Busse per E-Banking bezahlt. Sauberkeit? Ich würde sagen, zwei Drittel der Mietenden haben den Wagen so sauber zurückgegeben, wie sie ihn erhalten haben. Bei manchen musste ich etwas staubsaugen, bei den Mietenden mit Kleinkindern den Rücken der Vordersitze feucht reinigen. So oder so reinige ich mein Fahrzeug regelmässig und lüfte es über Nacht in der Garage (Covid). Und vor einer grösseren Miete (ein ganzes Wochenende und mehr) gehört die Waschanlage für mich als Vermieter einfach dazu. 
Den einzigen Ärger hatte ich mit einem besser situierten Mieter, der seine Versicherung nach zwei Schäden nicht informieren wollte und es nicht OK fand, dass ich die Bussen, die auf meinen Namen ausgestellt waren (die kamen aus dem Ausland) selbst bezahlte und ihm in Rechnung stellte. Die Drohung der Rechtschutzversicherung hat dann aber geholfen… 

Ganz klar kann ich hier sagen: Der Kontakt zu den Mietenden war zu 98% bereichernd und positiv, das Auto kam nie verdreckt, vermüllt oder heimlich beschädigt zurück. Nie. 

Dem Geld hinterherrennen.

Das musste ich zwei Mal, und zwar nur bei Gomore. Offenbar hatten die Mieter eine Prepaid-Kreditkarte, die zwar für die Miete genügend Deckung aufwies, aber nicht für extra Kilometer und den Strom. Obwohl Gomore 25% Provision auch auf diese Kosten erhebt, wurde mir von ihnen mitgeteilt, dass ich das Geld doch selbst beim Mieter eintreiben solle. 
Ich habe dies mit Gomore telefonisch ausführlich besprochen und sie haben Besserung gelobt. Trotzdem: Das geht meiner Meinung nach gar nicht. Ich bin gespannt, ob dies in Zukunft gelöst wird. Und ja, das Geld bekam ich von den beiden Mietern problemlos.
2em belastet dem Mieter 300 CHF Kaution. Damit ist sichergestellt, dass ich dort nie dem Geld hinterherrennen muss.    

Preisgestaltung.

Wer mit seinem Fahrzeug ernsthaft Geld verdienen möchte muss sein Auto von Freitag bis Sonntagabend mehrheitlich zur Miete anbieten. Sonst hat man einfach zu viel Aufwand für ein paar Stundenvermietungen. Bei beiden Plattformen kann man die Vermietdauer auf eine minimale Dauer (z. B. 24 Stunden) festlegen, hat dann aber auch weniger Vermietungen.  
Generell lassen sich bei beiden Plattformen zu wenige Parameter für die Preisgestaltung einstellen, aber Gomore hat hier wenigstens für das Wochenende und Ferien Regler eingebaut. 

Die Preise bei Gomore können für drei Kategorien in zwei Saisons angepasst werden. 

Herausforderungen.

Damit man potenzielle Kundschaft nicht enttäuscht ist es wichtig, den Buchungskalender immer aktuell zu halten. Insbesondere meine Wochenendausflüge trage ich immer als nicht-buchbar in den jeweiligen Kalender ein. Habe ich allerdings eine Buchung auf 2em, muss ich den Termin händisch auch auf Gomore eintragen – und umgekehrt. Da braucht es schon etwas Disziplin, beide Kalender immer up-to-date zu halten. 
Und natürlich leidet die Spontaneität des Vermietenden (also mir und meiner Frau) etwas, wenn man jetzt halt doch gerne mal das Auto benützen würde, es aber vermietet ist. Ich habe dann selbst auf der gleichen Plattform ein anderes Auto gemietet…

Emotionen.

Es soll ja Leute geben, die würden nie ihr Auto einer fremden Person überlassen, habe ich gehört. Nun ja, dann ist das halt so. Wie oben beschrieben hatte ich nie eine nennenswerte Verschmutzung oder ungemeldete Beschädigung, dafür aber viele nette Kontakte. Emotionen kann man schlecht diskutieren. Was ich aber sehr gut verstehe: Es gibt Leute, die haben Hobbies, bei welchen die Ausrüstung im Auto lebt. Je nach dem kann es mühsam sein, diese immer auszuladen.

Mein Model 3 zum Mieten
Mein Model 3 zum Mieten

Fazit

Für mich lohnt sich der Aufwand, der Ertrag ist aber kein Gewinn, sondern ein fairer Lohn.

Die GoMore App und Website, die Preisgestaltungsmöglichkeit bei Gomore (andere Tarife für Wochenende und Ferien) sind besser, aber nicht entschieden besser. Der Support ist bei beiden gut, schnell und freundlich. Dafür musste ich bei 2em meinem Geld nie hinterherrennen. Und die Mieter aus der Romandie wären wohl auch nicht zu mir nach Bern gekommen, wäre ich nicht auch auf 2em. 
Aufgrund meiner Erfahrung ist alles in allem GoMore leicht besser für die Vermietung meines Tesla Model 3 (wegen der Keyless-Miete, die Keybox von 2em macht zu wenig Sinn für mich). Aber je nach Auto, Standort und Sprachregion kann 2em für Dich persönlich die bessere Wahl sein. Am besten vergleichst Du, wie gross die Konkurrenz auf der jeweiligen Plattform an Deinem Ort in Deiner Fahrzeugkategorie ist. Frage Dich, welcher Aufwand für Dich vertretbar ist, bevor Du Dich anmeldest. 

Ich würde dringend davon abraten, Dich gleichzeitig auf beiden Plattformen anzumelden. Sammle zuerst Erfahrungen. 

Ich selbst verdiene mit meiner Autovermietung mehrere Tausender pro Jahr. Das ist ein fairer Lohn für meine Initialkosten, die Einschränkung meiner Spontaneität und meinen Aufwand. Gleichzeitig darf man nicht vergessen, dass der Wert des Fahrzeugs mit der Anzahl gefahrener Kilometer sinkt (dafür aber die Reifen schneller durch sind), die Einnahmen steuerpflichtig sind und es einiges an Aufwand bedeutet, den Wagen für Dritte immer sauber und im Schuss zu halten. 

  

2em.ch  
2em gibt es schon seit 2012. Gestartet in Fribourg als regionale Plattform durch einen Informatiker, erlebte 2em einen Boom, als Sharoo die Segel strich und den bisherigen Sharoo-Vermietenden die Plattform 2em als Nachfolgerin empfahl. Nach eignene Angaben hat 2em über 2000 Fahrzeuge im Angebot.  
Dass 2em in der Romandie beheimatet ist, merkt man hie und da auf der Website und der App, zum Teil sind die Übersetzungen etwas holprig. Der Support per E-Mail funktioniert trotzdem schnell und freundlich (auch in Deutsch) und die Mieteinnahmen kommen zuverlässig 2-3 Tage später automatisch aufs Konto. 
2em nimmt 22% der Mieteinnahmen, welche den Mietenden verrechnet wird. 
GoMore.ch 
Gomore kommt aus Dänemark und ist seit Oktober 2021 aktiv am Schweizer Markt. Als internationale Plattform spielt hier natürlich die Grösse eine Rolle, man merkt relativ schnell, dass die ganze Organisation etwas professioneller und dynamischer ist. Dafür ist GoMore nicht auf französisch verfügbar und die Auswahl in der Romandie ist massiv kleiner als bei 2em. Der Support ist auch hier schnell, freundlich und kompetent. Die Einnahmen werden auf dem GoMore Account gutgeschrieben und müssen manuell abgerufen werden, wenn man das Geld auf dem eigenen Konto will. Das funktioniert allerdings tadellos. 
Gomore nimmt 25% der Mieteinnahmen

5 Comments

  1. Jan

    Interessante Ansicht. Ich gehöre auch zu denen, die ihr Auto (Benziner) niemals aus der Hang geben.
    Beim lesen habe ich dann so für mich überlegt, ob das bei einem Elektro anders wäre und ich denke: ja. Denn der hat weniger Anfälligkeiten. Ein großer Benziner muss warm gefahren werden und man muss penibel auf Öl und Wasser achten. Vernetzt ist mein Auto auch nicht.

  2. Peter Mod

    Spannend zu lesen. Ich brauche mein Auto fast nur am Wochenende (Samstag extrem früh bis Sonntag ca. 14.00 Uhr. Gemietet habe ich auch nur als Sonderangebot von Freitag bis Montag früh.
    Vollkasko ohne Selbstbeteiligung ist für mich Pflicht.
    Schmunzel. Hätte als Vermieter wohl wenig Kunden..

  3. Bernard van Dierendonck

    Vielen Dank für den Artikel. Selber vermiete ich mein Tesla Model 3 auch auf 2em, ev4all und direkt. Und habe in den bald 3 Jahren, rund 70 Vermietungen und fast 100’000 km auch überwiegend positive Erfahrungen gemacht. Erfahrungsgemäss hilft ein sauberes Auto und die persönliche Übergabe dabei, dass die Mieter:innen dem Auto Sorge tragen.
    Frage: Warum registrieren Sie die jeweilige Mieter:in nicht in der Tesla-App als Fahrer:in? Das funktioniert reibungslos und so braucht es weder eine Keybox, noch ein «elektronisches Ding».

    • tjbollinger

      @bernard – habe Ihnen ja auch schon auf Twitter geantwortet: Ich gebe sehr wohl den Personen, die meinen Tesla für mehr als einen Tag mieten, den Zugriff über die Tesla-App. Das «keyless» Feature verhindert, dass Leute den Wagen nehmen, ohne die Miete auf der App gestartet zu haben. Wenn ich z.B. zur Übergabezeit nicht anwesend sein kann ist das die sichere Wahl, damit ich nachher keine Verluste habe oder ohne Versicherungsschutz da stehe.

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