23. August 2019
5 Minuten zu lesen

VW E-Crafter im Test: Was taugt der rein elektrische Transporter?

VW e-Crafter Test

Bisher habe ich zahlreiche Elektroautos getestet, keines davon war aber ein Nutzfahrzeug. Das hat sich mit dem Angebot von Volkswagen nun erledigt, ich konnte den VW e-Crafter nämlich ausführlich testen. Das Fahrzeug ist nicht für die private Nutzung ausgelegt, sondern für Transport-Unternehmen und Handwerker. Das auch deren Flotte sich über die nächsten Jahre elektrifizieren wird, steht für mich ausser Frage. Umso gespannter war auch ich auf die Eindrücke mit dem e-Crafter.

Facts zum VW e-Crafter

  • Der e-Crafter basiert auf der zweiten Generation der 2017 neu auf den Markt gebrachten Transporter-Generation.
  • Elektromotor an der Frontachse mit 136 PS (100 kW)
  • maximales Drehmoment 290 Nm
  • Reichweite: 173 Kilometern gemäss NEFZ
  • Geschwindigkeitslimite bei 90 km/h
  • Batteriekapazität: 35,8 kWh
  • Ladeleistung 40kW bei CCS (Gleichstrom) und 7.2kW Wechselstrom (AC).
  • Die maximale Zuladung beträgt je nach Ausführung zwischen 0,975 und 1,72 Tonnen.
  • Der Stromverbrauch mit 975 Kilogramm Zuladung wird kombiniert bei 21,54 kWh/100 km angegeben.
VW e-Crafter Test

VW e-Crafter Test

e-Crafter im Einsatz

Obwohl ich schon tausende Kilometer in Wohnmobilen auf verschiedenen Kontinenten gefahren bin, war es doch wieder ein anderes Gefühl in einem grossen Fahrzeug herumzukurven. Innerhalb weniger Fahrkilometer habe ich mich wieder daran gewöhnt und die übersichtliche Sitzposition hat es mir auch angetan. Was einem sofort auffällt, der e-Crafter fährt kein Stück ohne angelegte Sicherheitsgurte. Drückt man aufs Gaspedal, beschleunigt der grosse Transport bis etwa 50km/h ziemlich zackig und bewegt sich trotz der Grösse sehr agil. Achten muss man sich auf den langen Radstand und die Bauhöhe.

VW e-Crafter mit 3 Sitzen vorne

VW e-Crafter mit 3 Sitzen vorne

Da ich mich vorgängig nicht aber alle Details des e-Crafters informiert hatte, bin ich auf der Autobahn etwas erstaunt gewesen. Bei 90km/h regelt der e-Crafter nämlich ab, dieses Tempolimit hat VW bewusst gesetzt. Das hohe Gewicht bei Vollladung in Kombination mit der Bauform benötigen bei hohen Tempi einen enormen Energieverbrauch. So wird durch das Limit die Reichweite hoch gehalten und auf der rechten Spur ist es mit 90km/h eigentlich auch ganz entspannt zu fahren. Zumal der e-Crafter bewusst nicht für lange Strecken eingesetzt werden sollte, macht das meiner Meinung nach Sinn. Entgegen dem e-Golf ist die Rekuperation fix eingestellt und dürfte für meine Verhältnisse gar noch etwas stärker sein.

Angenehm modern ist das Cockpit gehalten.Danke einstellbarem Sitz und Lenkrad, passt das Fahrzeug für grosse und kleine Personen ganz gut. Die getestete Variante war mit allerlei netten Features ausgerüstet, wie Spurhalteassistent, Rückfahrkamera und Tempomat.

VW e-Crafter Cockpit

VW e-Crafter Cockpit

Verbrauch und Reichweite

Ich habe für den Test den e-Crafter während rund einer Woche mit ca. 400kg Material aus dem Baumarkt beladen. Für die Abholung war der Test des Transporters also ideal und ich hatte die Möglichkeit Verbrauchswerte mit Beladung zu simulieren. Kombiniert mit allen möglichen Strecken lag mein Verbrauch bei 22.3kWh/100km. Die Reichweitenanzeige lag vollgeladen immer bei rund 150km und dieser Wert müsste ziemlich genau hinkommen. Ich habe bis 130km zurückgelegt und hatte noch eine Restreichweite von 25km. Für die Nutzung im Frühling bis Herbst würde ich als von einer realistischen Reichweite von 150km sprechen.

VW e-Crafter am CCS Schnell-Lader

VW e-Crafter am CCS Schnell-Lader

Laden

Zu Hause konnte ich den VW e-Crafter an der ABB EVlunic Wallbox (KEBA) problemlos anschliessen und laden. Wie der e-Golf auch verwendet der e-Crafter dabei zwei Phasen mit maximal 16A, entsprechend lädt er maximal mit 7.2kW. Damit ist er innerhalb von rund 5 bis 5.5 Stunden voll, was ich völlig ausreichend finde. Soll es unterwegs einmal schneller gehen, kann er an einer CCS Säule mit 40kW laden. Achtung, CCS Ladekabel sind sehr kurz und man muss immer vorwärts, ziemlich nahe an der Säule parken. Wenn das Fahrzeug auf dem Firmengelände nicht in eine grosse Garage passt, sollte die Wallbox an einer nahen Position angebracht werden. Meine hat 6m Kabel und entsprechend reichte es bis nach draussen.

Der e-Crafter lädt mit 40kW an einer ABB Terra

Der e-Crafter lädt mit 40kW an einer ABB Terra

VW e-Crafter ideal für einen Handwerker?

Da ich selbst nicht im Handwerks-Gewerbe oder als Transport-Unternehmer tätig bin, habe ich mich mit Daniel Kalt von smartgarden unterhalten. Er hatte mir auf Social Media Kanälen geantwortet, dass er am e-Crafter grosses Interesse hätte:

Wir haben vor gut einem Jahr uns damit beschäftigt, einen neuen Transporter (Kastenwagen) für unser Rasenroboter zu evaluieren. Da wir Akkubetriebene Rasenroboter und andere Akku-Gartengeräte vertreiben, wollten wir eigentlich einen strombetriebenen Transporter kaufen. Ich persönlichhasse Lärm und Abgase, in unserem Gartenunterhaltsbetrieb haben wir praktisch alle Verbrenner verbannt und erfolgreich durch Akkugeräte ersetzt.

Die maximale Zuladung beträgt 0,975 Tonnen

Die maximale Zuladung beträgt 0,975 Tonnen

Leider war er etwas zu früh mit dem Kauf und so wurde es ein VW Crafter, anstelle eines e-Crafters. Weil es einfach keine Modelle mit dem nötigen Volumen gab:

Nun gab es vor einem Jahr nicht so eine grosse Auswahl an Modellen. Peugeot oder Nissan hatten zwar was im Angebot, jedoch war die Reichweite und hauptsächlich das Lade-Volumen viel zu klein. Wir transportieren oft mehrere Roboter, Verlegemaschine und Zubehör. Zusätzlich war die Idee, im neuen Fahrzeug eine kleine Werkstatt einzubauen, und jeweils die wichtigsten Ersatzteile und Zubehör immer dabei zu haben, dies benötigt Platz und eine gewissen Höhe. Hätte es da schon den E-Crafter gegeben, wäre dies wirklich eine Option gewesen. Beim Crafter überzeugt mich sehr die vielen Sicherheitsaspekte (Kameras, Fahrassistenten etc).

Ich habe ihn natürlich auch auf die Reichweite angesprochen, ob die realistischen 150km für ihn ausreichend wären:

Die Leistung von 150km ist an den meisten Tagen ausreichend. Es wäre schön wenn die Reichweite natürlich grösser wäre, jedoch ist die Limitierung gegebenfalls auch eine Herausforderung, so dass wir unsere Einsätze besser planen und verbinden, um unnötige Fahrstrecken zu vermeiden. Gründe für einen E-Crafter sind bei mir sicherlich auf der ökologischen Seite zu suchen. Ich wäre aber sicherlich bereit gewesen, den Mehrpreis zu zahlen. Wenn VW dann noch ein gutes Leasing anbieten würden, wäre der Mehrpreis definitiv kein Problem gewesen.

VW e-Crafter

Fazit

Für mich hat der rein elektrische Transport von Volkswagen richtig Spass gemacht. Auf den ersten Blick für mich definitiv ein Fahrzeug, dass sich jeder Unternehmer mit Bedarf eines grossen Transporters anschauen sollte. Die Reichweite dürfte für viele Unternehmen ausreichen, schliesslich sind lange Anfahrtswege rein schon aus Wirtschaftlichkeitsgründen zu vermeiden. Mit dem e-Crafter würde man so auch bewusster planen. Ich als erfahrener Elektroauto-Fahrer, käme damit gut zurecht, denke aber viele Handwerker wird die Reichweite abschrecken. Spätestens mit dem Preis wird es schwierig, der normale Crafter kostet in der Basis-Variante in derselben Grösse 40’240.– CHF (exkl.). Der Preis für den neuen e-Crafter startet bei CHF 82’850.– (exkl. MwSt.). Die genaue Ausstattung habe ich nicht verglichen, aber die Preisdifferenz ist sehr hoch. Persönlich würde ich mir mehr e-Crafter auf der Strasse wünschen, beim Fahren macht er jedenfalls durch die sofort verfügbare Leistung (Drehmoment) viel Spass.

3 Comments

  1. Nicholas

    So-sooo, der doppelte Preis. Hhmmm …damit dürftig sich die Frage erledigt haben, ob das Gewerbe, welches angeblich jeden Franken umdrehen muss und tagtäglich ums Überleben kämpft, sich ein solches Fahrzeug anschaffen wird, von ein paar Idealisten einmal abgesehen. Jedoch sieht man immer häufiger staatliche Betriebe «mit gutem Beispiel vorangehen» – allen voran die Polizei – die bei mir in der Gegend mit einem BMW i3 herumkurvt. Klar, geht doch, der Bürger bezahlt doch gerne das gute staatliche Gewissen.

  2. pascalerb

    Ok, dann gibt es doch keinen E-Van für mich. Danke für den Artikel… Keine Ahnung welche Firma sich das leisten will/kann. Da muss man ein paar Kilometer fahren um den Benzin/Motoren Preis zu amortisieren.

  3. Jan

    Ich verstehe wirklich nicht, wodurch der doppelte Preis gerechtfertigt sein soll.
    Ist ein e-Motor und ein so kleiner Akku wirklich genauso teuer wie ein zweiter Crafter?

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Bitte teilen Sie Ihre Gedanken mit anderen.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .