Viele Bekannte und Leser fragen immer nach meinen Erfahrungen mit dem Tesla Autopilot. Das war für mich der Anlass einmal einen kompletten Test, nur speziell dem Autopilot zu widmen. Getestet habe ich die aktuellste Version in der Schweiz mit einem Tesla Model S 100D, worauf über 1500km abgespult habe. Dabei kamen zahlreiche Erfahrungen auf verschiedenen Strecken im In- und Ausland zusammen. Die teile ich gerne mit euch.
Was ist der Tesla Autopilot genau?
Jeder neue Tesla verfügt standardmässig über modernste Hardware, um die Autopilot-Funktionalität schon heute und vollkommes autonomes Fahren in der Zukunft zu ermöglichen. Software-Updates werden diese Funktionalität im Laufe der Zeit weiter ausbauen und verbessern.
So nennt Tesla seinen eigenen Autopiloten. Aktuell sieht das so aus, dass in einem Tesla acht Kameras verbaut sind und eine 360°-Rundumüberwachung der Fahrzeugumgebung in bis zu 250 m Entfernung geben. Ergänzt werden sie durch zwölf aktualisierte Ultraschallsensoren. Dadurch können «harte» und «weiche» Objekte in hoher Zuverlässigkeit erkannt werden. Mit diesem Systemen will Tesla zukünftig, vor allem dann mit der neusten Hardware zur Berechnung, autonomes Fahren ermöglichen. Aktuell ist man davon noch entfernt und ein Tesla kann schon einige Dinge selbst, wie dieser Bericht zeigen wird.
Acht Kameras dienen dem Tesla Autopiloten zur Orientierung
Unterschiede bei Funktionalität in Ländern
Leider gibt es bei einem der spannendsten und neusten Features, nämlich «Navigate on Autopilot» (abgekürzt: NOA) unterschiedliche Zulassungungen. Entscheidend ob NOA aktiviert ist, ist das Land, in dem das Fahrzeug zugelassen wurde. Das Model 3 wurde für die europäischen Märkte bereits bei der Einführung mit NOA Funktion zugelassen. NOA funktioniert daher im Model 3 in vielen Ländern. Beim getesteten Model S wurde die Zulassung aber vor der Existenz von NOA gemacht und so muss das noch individuell pro Land nachgetragen werden. In der Schweiz ist das aktuell noch ausstehend (gilt für Model S, 3 und X), während Deutschland beispielsweise aber schon davon profitieren kann. Entsprechend konnte ich «Mit Autopilot navigieren» in diesem Bericht nicht abdecken.
Tesla Model S 100D
Tesla Autopilot im Test
Unter dem Autopilot verstehen viele das autonome Fahren eines Autos, andere einfach einen besseren Fahrassistenten. Die Wahrheit liegt in der Mitte, Tesla nennt das System selbst Autopilot, das je nach Version und eben Zulassung andere Funktionalitäten zulässt. Basis des Autopiloten bilden eben jene 8 Kameras im Auto. Davon sind je zwei seitlich angebracht, eine nach hinten und drei Stück nach vorne. Das System erkennt zuverlässig andere Verkehrsteilnehmer und stellt diese direkt unterhalb des Tachos beim Fahrerdisplay dar. Dabei werden Radfahrer, PKWs und Lastwagen unterschieden dargestellt.
Der Tesla erkennt dank den zahlreichen Kameras zuverlässig andere Verkehrsteilnehmer
Die Autopilot-Funktionalität ermöglicht es dem Tesla automatisch zu Lenken, Beschleunigen und Bremsen auf seiner Spur. Dabei habe ich die Funktion enorm oft auf Autobahnen gebraucht, einen Grossteil davon auch in Deutschland. Die Limitierung ist bei 150km/h und die Autopilot-Funktion verlangt eine aktive Überwachung durch den Fahrer. Heisst das Lenkrad sollte nicht losgelassen werden, macht man das für etwas länger, wird man gewarnt und sollte das Lenkrad wieder anfassen. Bei mehrmaligem «Missbrauch» wird die Autopilot-Funktionalität bis zum nächsten Stop deaktiviert.
Der Autopilot fährt auf Autobahnen fast schon perfekt und sehr angenehm. Das Feature entlastet den Fahrer und ist für mich eine Steigerung eines adaptiven Tempomats. Dabei steuert der Autopilot sicher und vorausschauend und ist bei Stau besonders genial. Er macht das Stop & Go selbständig mit und hält die Spur. Viele Systeme anderer Hersteller erfordern nach dem Stillstand ein Eingreifen des Fahrers beim Gaspedal, das macht Tesla hier angenehmer.
Der Tesla fährt mit dem Autopilot selbst
Der Tesla erkennt auch Geschwindigkeitsänderungen, diese werden einem im Display auf höhe des Schilds angezeigt. Er wechselt aber nicht selbständig das Tempo, mit einem langen Ziehen am Autopilot-Hebel muss man dieses jeweils bestätigen. Auf der Autobahn ist das kein Problem, entweder man geht mit dem Verkehr mit oder passt es dann jeweils manuell an. Ich gehe davon aus, dass Tesla dieses Feature zukünftig einstellbar macht, dass das Auto die Tempowechsel selbständig anpasst.
Bei Überlandstrassen und Wechsel in Innerorts-Zonen mit 50km/h Beschränkungen ist das eher kritisch. Ich habe das daher meistens so gehandhabt, dass ich den Autopilot noch ausserorts selbst fahren lies, was ebenfalls sehr verlässlich und gut funktioniert. Sobald ich jedoch auf eine 50km/h-Zone traff, habe ich die manuelle Steuerung wieder übernommen. Ich habe ihn natürlich auch Innerorts etwas fahren lassen, da braucht es aber sicher die Funktion «Mit Autopilot navigieren», damit er selbständiger fährt und richtig handelt. Im aktuellen Zustand ein Gewinn für die Autobahn und Überlandstrassen.
Spurwechsel mit dem Tesla Autopilot
Besonders hervorheben möchte ich noch die Spurwechsel. Setzt man den Blink auf der Autobahn, kann der Tesla selbständig einen Spurwechsel vollziehen. Das klappt auch bei Verkehr sehr gut, sobald eine Lücke da ist, setzt das Auto zum Spurwechsel an. Klappt sehr gut und einwandfrei. Womit ich aber auch auf der Autobahn Mühe hatte waren zwei Dinge. Einerseits wenn sich die Spur teilt. Da hat der Tesla jeweils unklar reagiert und in die falsche Richtung gelenkt, bzw. er war sich nicht ganz klar wohin. Da habe ich relativ früh eingegriffen und die Situation entschärft. Da muss der Mensch zwingend eingreifen, der Autopilot ist nicht für diese Situationen gedacht. Das wird spannend in Zusammenhang mit NOA. Andererseits gab es vor allem bei Baustellenverkehr etwas kritische Situationen. Da sind oft Linien übermalt und dann gelten die orangen, statt weissen und es klappt grundsätzlich nicht schlecht mit dem Autopilot. Wenn es aber eng wird, musste ich ihn jeweils deaktivieren und liest nur den Abstands-Tempomat laufen. In Fällen mit dem Autopilot und Abstandstempomat hat mir das Auto drei- oder viermal ziemlich abrupt «reingebremst». War nie ein Problem, aber für die anderen Verkehrsteilnehmer sich etwas komisch.
Tesla Model S Cockpit
Herbeirufen
Ziemlich abgefahren und immer für einen Hingucker gut ist das Feature «Herbeirufen». Das ist nichts anderes als eine einfache Fernbedienung übers die Tesla App auf dem Smartphone. Ich stehe also beispielsweise auf dem Parkplatz und rufe den Tesla mit einfachen Befehlen «vorwärts» und «rückwärts» fahren zu mir. Dabei steuert der Tesla selbst und fährt langsam in die vorgegebene Richtung. Dabei geht es vor allem darum, einfacher einzusteigen, wenn man einmal eng zugeparkt worden ist. Ziemlich witzig, was aber bei mir nicht ging wie bei einigen Videos die man im Netz sieht: Man muss mit dem Keyfob (Tesla Autoschlüssel) in Reichweite des Autos stehen, ich kann nicht vom Bürogebäude aus den Tesla auf dem Firmenparkplatz fahren lassen.
Zukünftige Potenzial
Was man bei Tesla wirklich richtig und zukunftsgerichtet macht: All neuen Teslas verfügen über die notwendige Hardware, um in Zukunft einen autonomen Betrieb unter fast allen Umständen zu ermöglichen. Das System ist darauf ausgelegt, längere oder kürzere Strecken selbständig zu fahren, ohne dass der Fahrer eingreifen muss. Da geht der Hersteller sicher in einer Vorreiterrolle voraus und will das Thema treiben. Mit dem aktuellen Stand des Autopiloten kann man die Hardware jetzt schon Nutzen und durch Software-Updates wird noch mehr möglich. Tesla selbst sieht die Zukunft des Autopiloten so:
Ihre Aufgabe beschränkt sich dann auf das Vorgeben des Ziels. Sollten Sie kein Ziel nennen, durchsucht Ihr Fahrzeug Ihren Terminkalender und bringt Sie ans eingetragene Ziel oder einfach nach Hause, falls nichts vermerkt ist. Ihr Tesla berechnet dabei von selbst die optimale Route, navigiert dann souverän durch den Stadtverkehr (auch ohne Fahrbahnmarkierungen), meistert selbst Kreisverkehr und komplexe Kreuzungen mit Ampeln und Stoppschildern. Kolonnenfahren auf Autobahnen mit hoher Geschwindigkeit gehört natürlich auch zu seinen Talenten. Sobald Sie am Ziel ankommen, müssen Sie nur noch aussteigen, wonach Ihr Tesla auf Parkplatzsuche schaltet und sich nach der Parkplatzwahl von selbst einparkt. Danach müssen Sie Ihr Smartphone nur kurz antippen und Ihr Tesla kommt wie durch einen Chauffeur vorgefahren.
Die zukünftige Verwendung dieser Autonomiefunktionen ohne Überwachung hängt davon ab, ob eine Zuverlässigkeit gewährleistet werden kann, die das menschliche Vermögen überschreitet. Dazu sind weitere Tests über mehrere Milliarden Kilometer, sowie entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen erforderlich, die in manchen Rechtsprechungen länger dauern können. Mit der Einführung dieser Selbstfahrfähigkeiten wird Ihr Fahrzeug kontinuierlich über Mobilfunk aktualisiert und aufgewertet.
Fazit
Der Tesla Autopilot im aktuellen Funktionsumfang für die Schweiz im Tesla Model S macht auf jedenfall langes Fahren und Reisen mit dem Auto sehr angenehm. Vor allem auf der Autobahn habe ich den Autopiloten zu schätzen gelernt. Auch auf Überlandstrassen funktioniert das System sehr zuverlässig, einziges Manko für mich sind die Tempowechsel, besonders wenn es um eine Reduzierung geht. Bis man da selbst aktiv die neue Limite aktiviert hat, fährt man schon zu lange schnell in der falschen Zone. Denke aber das wird Tesla noch anpassen können oder machen. Besonders gespannt bin ich selbst jetzt natürlich auf das neue System «Navigate on Autopilot». Damit steigt die Intelligenz des Systems gleich massiv und da freue ich mich auf einen nächsten Test.
Wenn jemand von euch schon mit NAP unterwegs war, würde ich mich über einen kleinen Erfahrungsaustausch in den Kommentaren freuen.