Ich bin Ralph.
Der selbstständige IT Consultant, UI & UX Designer mit viel Liebe für Detail und Tiefe, schreibt in regelmässig unregelmässigen Abständen für den Technikblog. Ausserdem twittert er unter @ralphbolliger.
Als grosser Freund der Marke Apple bin ich es mir seit Jahren gewohnt, dass Produkte welche besagtes Unternehmen anbietet, stets in vollster Vollendung auf den Markt kommen. Manchmal dauert es etwas länger bis Apple mit einem Produkt an die Öffentlichkeit geht; dieses ist dann aber bis zum Äussersten durchdacht und vereint in der Regel Form und Funktion in höchstem Masse. Macs, Phones und Tablets, ja sogar die allermeisten Dienste und Dienstleistungen wie die iCloud, der App Store und der iTunes Store fügen sich nahtlos in das Appleversum ein und zeigen sich auch Apple-Neulingen nicht wirklich kompliziert. Steve Jobs predigte es immer und immer wieder: «It just works».
Seit Steve Jobs› Tod im Jahre 2011 scheint Apple den Sinn für Perfektion immer weiter zu verlieren. Vielleicht geht es nur mir so, aber ich arbeite täglich mehrere Stunden mit Apple Produkten und Diensten. Immer öfter erwische ich mich mit der Frage nach dem sprichwörtlichen Wurm im Apfel System. Doch ich will mich hier nicht weiter auslassen.
Seit einigen Wochen teste ich nun schon Apple Music. Nach dem ich Apple’s neuen Musik Streaming-Dienst aus technischer Sicht unter die Lupe genommen habe und mit den zwei anderen Anbietern Spotify und Google Play Music verglich, startete ich die dreimonatige, kostenlose Probephase. Nach nur 45 Tagen beschloss ich jedoch, Apple Music nicht weiter zu nutzen. Der Grund ist ein sehr einfacher: Apple Music begeisterte mich nicht einen Tag lang.
In den 45 Tagen mit Apple Music hatte ich unzählige Male das Gefühl, Apple will nicht, dass ich Musik höre. iTunes wie auch die Musik-App unter iOS 8.4 entschied sich plötzlich dazu, die Wiedergabe von Titeln zu stoppen. Oftmals musste ich die Anwendung klassisch abwürgen und neu starten bis ich überhaupt wieder Musik hören konnte. Liess mich Apple Music dann wieder Musik geniessen, trat ein weiteres Problem auf: ich tippte auf einen Song, welchen ich hören wollte und Apple Music übersprang diesen einfach. Manchmal war der Dienst dermassen in Hüpf-Laune, dass auch die zwei nachfolgenden Titel zusätzlich übersprungen wurden. Erst nach dem vierten, fünften oder sechsten Mal Antippen meines favorisierten Songs, willigte die Applikation ein und spielte ihn.
Die Playlist-Funktion von Apple Music – wenn man hier überhaupt von einer Funktion sprechen kann – habe ich bis heute nicht verstanden. Es muss doch möglich sein, dass von mir auf dem iPhone angelegte und mit Titeln gefüllte Playlists auch auf dem iPad und in iTunes auf MacBook und iMac erscheinen. Dies funktionierte aber nie. Entweder fehlten die Playlists gänzlich oder sie waren leer. Und das selbst dann, wenn ich Playlists von Freunden abonnierte.
Als Spotify-Nutzer komme ich ausserdem in den Genuss der Möglichkeit, mit anderen Personen an einer Playlist zu arbeiten. Ist die Freigabe-Option der gewünschten Playlist aktiviert, können mehrere Personen ihre Lieblingstitel zur Playlist hinzufügen. Apple Music bietet mir nur die Option, Playlists von anderen Nutzern zu abonnieren. Ich kann aber keine eigenen Titel zur Liste hinzufügen. Schade.
Das User Interface von Apple Music lässt sehr zu wünschen übrig. Der verfügbare Platz in iTunes ist äusserst schlecht oder gar nicht genutzt und wichtige Sortierfunktionen fehlen gänzlich. Befinde ich mich auf der Seite des Interpreten, werden mir erst die Toptitel angezeigt. Toll! Nach einem Klick auf den ersten Titel in dieser Liste, wird dieser gespielt. Nur dieser. Die anderen 11 Titel müsste ich einzeln anklicken um sie zu hören. Oder ich klicke sie in die «Nächste Titel»-Liste. Und zwar jeden einzeln. Eine Mehrfach-Auswahl bei gedrückter Shift-Taste ist nicht möglich.
Unter den Toptiteln werden mir die Alben des Interpreten angezeigt. Dabei muss ich feststellen, dass Apple Music hier nicht zwischen Album und Singles unterscheidet. Lasse ich mir alle Alben des Interpreten anzeigen, stelle ich wie weiter fest, dass sich diese nicht sortieren lassen. Ich weiss also nicht, welches Album das neueste ist oder wie viele Titel es umfasst. Das Erscheinungsjahr des Albums ist nur in der Toptitel-Übersicht zu lesen. Aber in dieser Liste sind nur jeweils 12 und damit unter Umständen nicht alle Alben aufgeführt. Selbst in der Detail-Ansicht des ausgewählten Albums ist die Angabe über das Erscheinungsjahr nicht zu finden.
Sollte ich mir ein Genre-Radio mit einer Liste an ausgewählten Musikstücken anhören, habe ich nicht die Möglichkeit zum Album oder Interpreten des gerade gespielten Titels zu springen um da eventuell noch weitere gute Songs zu finden. Ich muss mir den Namen des Albums oder des Interpreten merken um ihn über die Suche zu finden. Und wehe dem, der den Namen des Interpreten in der Suche falsch schreibt! «No results for Roger Cizero», steht dann da geschrieben. Apple Music scheint nicht einmal den Versuch zu unternehmen, mich auf meinen Fehler hinzuweisen, in dem man mir «Meinten Sie Roger Cicero?» vorschlägt.
Ja, als Spotify-Nutzer bin ich wohl verwöhnt. Aber das Fehlen der Möglichkeit, Apple Music auf dem iPad via iPhone zu steuern, hat mich schon am ersten Tag gestört. Mit Spotify kann ich unterwegs bestimmen, welche Musik zu Hause gespielt wird. Nebenbei bemerkt: mein Kater steht unheimlich auf Norah Jones. Naja, das ist vielleicht etwas übertrieben…
Nach 45 Tagen habe ich wieder zu Spotify gewechselt. Und wenn sich Apple in den kommenden Monaten bezüglich Apple Music nicht mächtig ins Zeug legt und gewohnte Apple-Qualität liefert, werde ich so schnell auch nicht wieder zu Apple Music zurückkehren.
Musik ist mir unheimlich wichtig. Es vergeht nicht ein Tag ohne dass ich Musik höre. Musik ist der Soundtrack meines Lebens. Als langjähriger, treuer Kunde und Verfechter der Marke, erwarte ich von Apple ein Produkt welches in alter Steve-Jobs-Manier ausgereift ist, mir das Leben etwas erleichtern und mich einfach glücklich macht. Ein Blick nach Schweden beispielsweise hätte hier nicht geschadet. Spotify macht seine Sache gut. Aber Apple hat hier noch einiges nachzubessern.