23. Februar 2015
5 Minuten zu lesen

Erfahrungen mit der neuen Gesetzgebung zu Modellflugdrohnen seit 1. August 2014

Drohne an der AIR14

Jan Steiner hat sich letztes Jahr nach meinem Artikel zu den neuen Regelungen für Modellflugdrohnen ab dem 1. August 2014 bei mir gemolden und er hat sich bereit erklärt etwas ausführlicher dazu zu berichten. Das ist besonders interessant, da er an der AIR14 in Payerne dabei war und da Team wohl als erste die Genehmigung unter den neuen Auflagen des BAZL erhalten haben:

Es ist schon ein paar Monate her, als letztes Jahr Ende August und Anfang September auf dem Militärflugplatz Payerne die vermutlich grösste Airshow des Jahres in ganz Europa – die AIR14 – stattgefunden hat. Vielleicht fragt man sich jetzt, was das mit Modellflugdrohnen zu tun haben soll, wo es doch eine Airshow mit richtigen Flugzeugen war. Nun gut, ich muss ein wenig ausholen…

Als Angehöriger der Luftwaffe habe ich aktiv an der Gestaltung der AIR14 mitgearbeitet. Ich war für den Bereich Multimedia verantwortlich und es ging in diesem Teilprojekt darum, das Konzept zu entwickeln, in welchem sich alles widerspiegelt was z.B. mit Live Streaming, Grossbildschirmen vor Ort, Kamerasetup (fix installiert auf Platz als auch GoPro’s in den Flugzeugen) sowie der ganzen Fernsehregie auf Platz zu tun hatte. Im finalen Konzept waren dann 14 Grossbildschirme (von 6m2 bis 80m2) an verschiedenen Orten auf dem ganzen Gelände aufgestellt. Die Airshow selbst wurde von total 10 Kameras Live aufgezeichnet und in einem Regie-Truck vom Schweizer Fernsehen RTS verarbeitet. Nebst dem Bildsignal welches vor Ort auf den Grossbildschirmen ausgestrahlt wurde, stellte RTS auch einen eigenen Stream für Youtube her. Somit konnte man bequem zuhause vom Sofa aus die Airshow geniessen. Es ging uns mit dieser Idee in erster Linie darum, dem Zuschauer – auch demjenigen vor Ort – neuen Blickwinkel und Perspektiven zu zeigen, die man so an einer Airshow noch nie gesehen hat.

Drohne an der AIR14  in Payerne

Doch nun zurück zu den 10 Kameras und der Modellflugdrohne. Als aktiver Modellflieger hatte ich von Anfang an den Gedanken, dass eine der Kameras doch eine solche Drohne sein könnte welche dann „frei & flexibel“ Bilder aus der Luft vom Geschehen in die Regie einspeisen könnte. Es war mir bekannt, dass das Schweizer Fernsehen eine solche Drohne bereits erfolgreich am Skirennen am Lauberhorn eingesetzt hat. Warum also nicht an einer Airshow? Ich gebe zu, der Plan war ambitiös, sehr sogar. Eine fliegende Drohe, mit Kamera, an einer Airshow wo doch sonst schon die Flugzeuge in der Luft sind und ihre Vorführungen zeigen? Viele Eingeweihte sagten mir von Anfang an: „Vergiss es, damit kommst du nie durch“. Aber die Idee liess mich nicht los, ganz  nach dem Motto: „Alle sagten das geht nicht, bis einer kam der das nicht wusste“ (Autor unbekannt). Und so begannen wir in meinem Team zu planen und zu koordinieren. Zuerst intern mit den eigenen verschiedenen Bereichen die vom Einsatz einer solchen Drohne betroffen oder zumindest tangiert sein würden. Dann, Anfang Juli wurde es Zeit, die Geschichte auch mit dem BAZL anzuschauen. Da das BAZL sowieso schon ein Partner der AIR14 war, gestaltete sich die Kontaktaufnahme einfach. Ich präsentierte unser detailliertes Drohneneinsatzkonzept inkl. Riskmanagement welches grundsätzlich gut geheissen wurde. Doch dann machte man uns darauf aufmerksam, dass per 1. August die Gesetzgebung für den Einsatz solcher Drohnen an Grossanlässen resp. in der Nähe von Menschenansammlungen neue Mindestanforderungen stellen würde: 100m gilt es einzuhalten – wir wissen es mittlerweile alle. Unser Konzept konnte dies jedoch gar nicht abdecken. Wir wollten die Kameradrohne nämlich zwischen der Zuschauerlinie und der Hauptpiste bis maximal 15m Höhe fliegen lassen damit wir sowohl gute Bilder der Zuschauer als auch das Rollen und den Line-up der Flugzeuge auf der Piste filmen konnten. Jedoch mussten wir schon aufgrund interner Limitationen einen Sicherheitsabstand zur Piste einhalten. Dadurch konnten die 100m zu den Zuschauern unmöglich eingehalten werden. Es war also klar, dass wir eine Spezialbewilligung für den Einsatz dieser Kameradrohne benötigen. So mussten wir auf Geheiss vom BAZL das sog. GALLO Formular, Part F (dort geht es um die Event Sequenz Diagramme) ausfüllen. Es müssen die Sicherheitsmechanismen der Drohne erläutert werden wie zum Beispiel was die Drohne macht, wenn ein Motor ausfällt. Natürlich gibt es auch schwierigere Fragen wie zum Beispiel was passiert, wenn der Maincontroller der Drohne ausfällt und ob sie dann noch steuerbar ist (eine GPS „Back to home“ – Funktion alleine genügt eben nicht!). Und obwohl wir eine echte Kameradrohne von Profis betreiben wollten, hatte nicht mal diese einen Sicherheitsmechanismus für eben diesen einen Fall eingebaut. Das Thema der „Drohnenrettung“ bzw. deren Sicherheitsmechanismen war Mitte letzten Jahres noch in den Kinderschuhen. Die ersten Drohnenfallschirme waren seit ein paar Wochen auf dem Markt – zuwenig Zeit für uns, diese noch auszutesten.

Drohne an der AIR14

Tja… was nun? Jetzt war Kreativität gefragt. Schlussendlich hatte die Firma, welche die Drohne betreibt, die zündende Idee: Man könnte doch die Drohne in einer Art „Fesselflug“ betreiben. Will heissen das die Drohne mechanisch mit einem Drahtseil am Boden befestigt ist und das sie so – aufgrund der maximalen Seillänge – gar nie in den Zuschauerbereich fallen könnte, und das auch bei totalem Kontrollverlust resp. Absturz. Damit der Einsatzraum noch etwas grösser wurde, wurde ca. 50cm über Boden ein horizontales 100m langes Seil gespannt an welchem mit einem Laufring das eigentliche Drahtseil der Drohne befestigt war. Das BAZL befand diese Lösung für tauglich und kam dann am Freitag vor dem ersten Airshow Tag nach Payerne. Sie wollten die Installation begutachten aber auch das fliegerische Können des Drohnenpiloten überprüfen – ja er musste einen Prüfflug absolvieren. Es ging in erster Linie darum, zu zeigen das er seine Drohne in jeder Lage unter Kontrolle hat – oder diese aus heiklen Situationen (nach Vorgaben vom BAZL) wieder unter Kontrolle bringen konnte.
Unsere Installation wurde abgenommen und der Drohnenpilot konnte den Prüfungsflug mit Erfolg abschliessen. Damit stand nichts mehr im Wege, dass vom BAZL für die AIR14 die schweizweit erste Ausnahmebewilligung zum Betrieb einer Modellflugdrohne näher als 100m zu einer Menschenansammlung ausgestellt werden konnte.
Der Aufwand hat sich gelohnt, die Bilder sprechen für sich.

http://youtu.be/-3TQK-EFM3s

Ganz nebenbei habe ich erst kürzlich festgestellt, dass auf der Website vom BAZL mittlerweile ein abgekürztes Verfahren zur Bewilligung möglich ist, sofern – Zitat: „das unbemannte Luftfahrzeug mit einer Halteleine an einer bestimmten Stelle befestigt ist und das Gerät im Falle eines Kontrollverlustes niemanden gefährden kann.“ Zitat Ende. Wenn das mal kein Zufall ist…

Finally, die "Drohne" in der Luft

Ein wichtiger Punkt noch zum Schluss

Die Zusammenarbeit mit dem BAZL war zu jeder Zeit sehr offen, transparent und konstruktiv. Es ging allen Beteiligten immer darum, eine machbare Lösung zu finden. So zu arbeiten macht Spass.
Wer (noch-) einmal die besten Momente der AIR14 sehen möchte, der findet hier einen 15 Minuten „Best-of“ Cut.
Bilder: Tino Scherer, erhalten von Mera Digital Cinema GmbH

12 Comments

  1. Hanspeter

    Wie sah die Prüfung für den Piloten genau aus? BAZL Mitarbeiter fliegt den Copter irgendwo weg ohne sicht des Piloten und der Pilot muss diese Manuell zurück bringen?

  2. Martin

    War Perna (von Team Blacksheep) der Drohnenpilot ? Der Pilot auf dem Bild sieht aus wie Perna…
    Übrigens: Super Bericht, Danke vielmal.

  3. Andre

    Soweit ich weiss ist das Perna (Remo) von TBS. Soweit ich im letzten Herbst, als die Air14 war, gelesen habe, musste der Multicopterpilot eine praktische Prüfung im manual Modus Fliegen. Sprich ohne Atti oder GPS unterstützung wie man sie z.B. von den DJI Flightcontrollern kennt. Es wäre aber sicherlich interessant weitere Infos zu erhalten wie diese Prüfung genau aussah.

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