13. Juli 2011
3 Minuten zu lesen

Wie werden TV Einschaltquoten ermittelt?

Ich habe das grosse hin und her zwischen dem neuen TV Sender «Joiz» und der Cablecom die letzten Wochen mitgekriegt und ein wenig verfolgt. Dabei geht es um die Aufnahme des Senders in das Analoge Netz von Cablecom*. Ich hatte darauf Kontakt mit dem CEO von Joiz, Alexander Mazzara, und wollte gerne die Einschaltquoten wissen. Diese sind jedoch bei Joiz nicht bekannt, so habe ich mal ein wenig recherchiert wie denn diese überhaupt erfasst werden und auf welchen Kanälen (Kabel, Internet, DVB-T, DVB-S usw) gemessen wird.

Firmen

Hinter der Erhebung der Fernsehnutzung stecken zwei Firmen, die Publica Data AG und die Schwesterfirma Mediapulse AG. Zweit genannte ist aufgrund des Radio- und TV-Gesetzes verpflichtet, die Fernsehnutzung in der Schweiz zu erheben. Wobei Publica Data die Daten der Medien- und Publikumsforschung der Mediapulse Stiftung vertreibt.

Datenerfassung

Wie funktioniert nun die Datenerfassung, beziehungsweise die Ermittlung der Einschaltquoten? Mit einem elektronischen Mess-System, genannt Telecontrol, werden Messungen in Fernsehhaushalten der Schweiz durchgeführt. Das Telecontrol System wurde 1985 eingeführt und wird seither genutzt. Es wird an allen Geräten die am TV hängen angeschlossen und speichert alle 30 Sekunden was gerade konsumiert wird. Durch die Fernbedienung meldet der Haushalt an, welche Personen sich momentan vor dem TV-Gerät befinden, deren Alter und Geschlecht ist in einer Datenbank hinterlegt. So wird pro Person (Total 4190 Personen) und nicht nur pro Haushalt der Medienkonsum ermittelt. Die folgende Grafik von Mediapulse zeigt das Telecontrol-Mess-System:

Telecontrol Messsystem (c)mediapulse.ch

Telecontrol Messsystem (c)mediapulse.ch

 Erfassungsmenge

Telecontrol (c)gfk.ch

Telecontrol - elektronisches Zuschauer-Messsystem (c)gfk.ch

Das Mediapulse-Fernsehpanel umfasst derzeit 1’918 Haushalte. In diesen wird stellvertretend für die Gesamtheit der rund 3,1 Millionen Schweizer TV-Haushalte die TV-Nutzung gemessen. Es ist in drei sprachregionale Subpanel unterteilt, die jeweils repräsentativ für die Gesamtbevölkerung der jeweiligen Region sind:

  • Deutschschweiz: 1’029 Haushalte, durchschnittliche Haushaltsgrösse 2.16
  • Suisse romande: 619 Haushalte, durchschnittliche Haushaltsgrösse 2.15
  • Svizzera italiana: 270 Haushalte, durchschnittliche Haushaltsgrösse 2.15

Neue Medien ?

Ein System wie Telecontrol brauchte es 1985 und auch bis vor einigen Jahren, weil TV nunmal Broadcast ist war. Das heisst es war kein Rückkanal bei Antennen-, Satelliten- oder Kabelempfang vorhanden um zu ermitteln was die Nutzer sehen. Mit den neuen Medien, wo Inhalte viel über Computer und Mobilgeräte empfangen werden, könnte man anders vorgehen. Zumindest als Ergänzung. Bisher ist mir aber nicht bekannt dass Zattoo, Wilmaa, Blick TV und alle anderen TV-Stream-Services aus dem Internet Nutzerzahlen bekannt geben. Ebenso Swisscom TV, von der ich auch keine Nutzungszahlen kenne.

Fazit

Telecontrol wurde möglich durch ein einheitliches System und konnte auf allen System – unabhängig von Empfangsart – angewendet werden. Nun haben sich die Empfangsmöglichkeiten stark vervielfacht und damit auch die Anzahl Anbieter, vor allem übers Internet. Es wäre doch interessant genauere Nutzungszahlen zu haben und zu wissen wie viel eigentlich über Web-TV konsumiert wird.
Was meint ihr dazu? Wäre doch ganz interessant und würde vielleicht auch zeigen welche Sender eher eine Daseinsberechtigung haben und welche nicht.

*Die Aufnahme von Joiz ins Analoge Netz sehe ich aus technischer Sicht als Bandbreitenverschwendung (weil Analog, nicht wegen dem Inhalt). Das digitale und bandbreiteneffiziente Fernsehen ist im Vormarsch, warum hier einen Schritt zurück gehen? Die bisherige inhaltliche Begründung von Cablecom hingegen macht wenig Sinn…

4 Comments

  1. Chris

    Es werden also nicht nur ANALoge Haushalte erfasst, sondern auch moderne Haushalte 🙂

    Vielleicht hat die Werbewirtschaft ein Problem. Die Jugend schaut YouTube und co, weil Bildqualität offenbar egal ist. Joiz wird wohl den grössten Teil des Traffics übers Netz haben. Hier kann man auch Werbung verkaufen.

    Mit diesem Trend sollten sich die Werbeverkäufer auch mal anfreunden. Die Joiz Fraktion kann zu 99% auf diese überflüssige Technologie verzichten.

  2. MyMy Media

    Es geht bei der Forderung, joiz analog aufzuschalten, nicht um einen zusätzlichen analogen Kanal, sondern um den Ersatz des Bayerischen Rundfunks. Es würde also kein Breitband verschwendet, denn solange es Analog gibt, wird die Cablecom so oder so alle analogen Kanäle auslasten. Wir wollen allerdings, dass in der Schweiz alle Jugendlichen joiz sehen können, auch wenn ihre Eltern sich noch nicht für Digital erwärmen konnten.
    Aber sonst: ein super Artikel, den wir jetzt gleich auch unserem Blog verlinken werden.

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